Themen
Schneise durch den Behördendschungel
Wer ist wofür zuständig? Das ist oft schon in der eigenen Stadt nicht leicht herauszufinden. Erst recht nicht in einer fremden: Die Zuständigkeiten sind überall verschieden verteilt, die Ämter haben unterschiedliche Namen. Es gibt kommunale Verwaltungen, in den größten Städten auch noch unterteilt in gesamtstädtische und solche für Stadtteile. Für Landes- und Bundesstraßen können wieder andere Ämter zuständig sein. Es gibt Infrastruktur-Dienstleister wie Wasserwerke, Gaswerke und Telekom.
Hier grob die wichtigsten und gängigsten Themen und die häufig dafür zuständige Stelle. Das kann aber je nach Ort und Fall auch eine ganz andere sein.
Wofür? |
Wer? |
Bauliches und Gebautes |
Straßen-/Tiefbauamt |
Parkverstöße ("ruhender Verkehr") |
i.d.R. Ordnungsamt (heißt auch Stadtpolizei, Kommunalpolizei, Kommunaler Ordnungsdienst), bei akuter Gefahr Polizei |
Verkehrsverstöße ("fließender Verkehr") |
Polizei |
Schilder und Regeln |
Verkehrsbehörde (meist Ordnungsamt) |
Wegenutzung und Privatgebrauch („Sondernutzungen“) |
Ordnungsamt |
Pflanzen auf Gehweg und Fahrbahn |
Garten- oder Grünflächenamt |
Privates Grün (z.B. Hecken, Bäume) |
Grundstückseigentümer |
Anliegendes Haus/Grundstück |
Eigentümer oder Mieter |
Dreck und Müll |
Stadtreinigung, Müllabfuhr. Geldbußen: Ordnungsamt |
Baustelle |
Straßenverkehrs- oder Straßenbaubehörde, Bauherren |
Winterdienst |
Eigentümer oder Beauftragter |
Haltestellen, Gleise |
Verkehrsbetriebe |
Kreis-, Landes- und Bundesstraßen |
ggf. Fachbehörde, z.B. beim Regierungspräsidenten oder Bundesland |
Haushaltsmittel, größere Planungen und Sanierungen |
i.d.R. Kommunalparlamente, z.T. Land/Bund |
Private Straßen und Wege |
Eigentümer oder Beauftragte |
Wo und wie ist die Ortsgruppe aktiv
Was ist in Darmstadt festgelegt, was geplant?
Stellungnahmen abgeben
Verbesserungen vorschlagen
Verfolgen und Druck machen
Aktionen durchführen
Bürgerumfragen
Stadtrundgänge mit örtlichen Parteien und Presse
Zusammenarbeit mit Blinden- und Sehbehindertenbund Hessen
Beteiligung an den Foren "Darmstadt mittendrin", "Urbane Mobilität" und "Runder Tisch Nahmobilität"
Ziel: Wir wollen gehört und beteiligt werden
Regelwidriges Gehwegradeln
Da hilft alles Tempo 30 nicht, leider. Gut zu beobachten z.B. in Darmstadts Fußgängerzone, Tempo 30-Zone mit eher schmalen Gehwegen, ca. 150-1,80m, die gerne von jungen Männern mit Rennrad oder Lastenrad befahren werden. Wir machen alle diese Erfahrung, weshalb hier Aufklärungsarbeit nottut.
Seit der STVO-Novelle 2020 wird auch die vorschriftswidrige Nutzung von Gehwegen, linksseitig angelegten Radwegen und Seitenstreifen durch Fahrzeuge von jetzt statt bis zu 25 Euro mit bis zu 100 Euro Geldbuße geahndet.
Hinweis: Das Fahrrad in allen Versionen ist ein Fahrzeug!
Fußverkehrsförderung in kleinen Gemeinden: Gehen bewegt das Dorf
Lebendige und zukunftsfähige Dörfer sind auf gute Bedingungen zum Zu-Fuß-Gehen angewiesen. So gibt es zum Beispiel eindeutige Zusammenhänge zwischen der Fortbewegungsart der Bewohner/innen und der Ausstattung der Dörfer mit wichtigen Einrichtungen. Vielerorts gibt es schon keine Einkaufsmöglichkeiten, Gasthäuser und Handwerksbetriebe mehr, was wesentlich auf eine starke Autobenutzung zurückzuführen ist. Anhand der kleinen Dorfläden ist dies gut erkennbar: Wenn der Großteil der Bewohnerschaft in andere Orte fährt, um dort in Supermärkten einzukaufen, sterben die Betriebe im eigenen Ort.
In Dörfern und dörflichen Stadtteilen gibt es in der Regel vier Problemfelder in Bezug auf das Gehen:
1. Ortsdurchfahrt(en) Problematik durch Trennwirkung
Viele Bundes-, Landes-/Staats- oder Kreisstraßen sind so stark befahren und so ungünstig zu überqueren, dass sie die Dörfer zerteilen und den Austausch zwischen den beiden Straßenseiten bzw. Ortshälften erschweren. Für manche Personengruppen, z.B. Kinder, ältere und seh- oder gehbehinderte Menschen, können sie eine kaum überwindbare Grenze darstellen. Oft werden Kinder von Ihren Freund/innen getrennt, und die Bushaltestelle oder ein noch vorhandener Laden sind nur mit großen Umwegen erreichbar. Eigentlich sollte die Überquerung der Fahrbahn von Straßen mit beidseitiger Bebauung überall möglich sein, mindestens jedoch dort, wo Straßen und Wege einmünden oder wichtige Ziele anliegen.
Kurzfristige Lösungsansätze sind insbesondere:
- der Einbau von Querungsanlagen (übrigens sind Fußgängerampeln oft nicht die beste Wahl) und / oder
- die Geschwindigkeitssenkung auf 30 km/h oder weniger.
Die Temporeduzierung ist eine ganz zentrale, aber selten eingesetzte Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und der Querungsmöglichkeit. Leider erschwert das Bundesverkehrsministerium entsprechende Beschilderungen durch eine am Autoverkehr, nicht an den Menschen ausgerichtete Straßenverkehrsordnung samt entsprechender Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO). Dabei wäre die Maßnahme extrem kostengünstig, und in Kombination mit einer Überwachung (ggf. auch stationär durch "Starenkästen") auch sehr wirkungsvoll. Wenn die Ortsdurchfahrt eine Gemeindestraße ist, kann sie grundsätzlich auch in eine Tempo-30-Zone einbezogen werden.
2. Ortsdurchfahrt(en) Problematik durch schmale bzw. fehlende Gehwege
In etlichen Ortsdurchfahrten haben die Ortskerne zu schmale oder gar abschnittsweise gar keine Gehwege.
Lösungsansätze sind insbesondere:
- Gehwegverbreiterungen zu Lasten der Fahrbahn (Inkaufnahme und Regelung von Engstellen für die Fahrzeuge), was kurzfristig meist auch durch kostengünstige Provisorien erfolgen kann,
- eine Geschwindigkeitssenkung auf 30 km/h oder weniger oder
- der Umbau der Straße nach den Prinzipien Weiche Trennung" oder Mischfläche".
3. Ortsdurchfahrt(en) - Konflikte mit dem Fahrradverkehr auf /neben Gehweg
In manchen Orten wird der Fahrradverkehr nicht auf der Fahrbahn geführt, sondern benutzungspflichtig auf daneben liegenden Radwegen oder gemeinsamen Rad-/Gehwegen. Wenn die Flächen für den Fußverkehr zu schmal sind, kommt es zu Konflikten.
Lösungsansätze sind insbesondere:
- eine Geschwindigkeitssenkung auf 30 km/h oder weniger und/oder
- die Markierung von Radfahr-/Schutzstreifen für den Radverkehr auf der Fahrbahn, ggf. Verbesserung des Fahrbahnbelags und/oder Einschränkung des Pkw-Parkens, damit Fahrräder nicht auf Gehweg ausweichen.
4. Wohnstraßen - Problematiken schmale Gehwege und schnelle Autos
Bis 1985 galt, das neu zu bauende Gehwege nur 1,50 m schmal sein brauchten. Sind sie so eng, können aber keine zwei Menschen nebeneinander gehen. Trotzdem werden immer noch solche zu schmalen und zum Teil Gehwege mit noch geringeren Breiten neu gebaut. Da die meisten Straßen bereits bestehen, sind Änderungen teuer, auch für die Anwohnerschaft. Manchmal parken auch noch Autos auf den Gehwegen, was grundsätzlich verboten ist, die Situation verschärft und nirgends (durch Schilder) erlaubt werden sollte. Häufig wünschen sich die Anwohner/innen, dass ihre Straße zu einem Verkehrsberuhigten Bereich wird (im Volksmund Spielstraße" genannt). Dann ist es erlaubt, mitten auf der Straße zu gehen, sich dort sogar aufzuhalten und Kinderspiele durchzuführen. Wo dies (noch) nicht realisiert werden kann, sollte eine Tempo-30-Zone angeordnet werden. Wenn der Gemeinderat das beschließt, wird das von den Straßenverkehrsbehörden i.d.R. auch umgesetzt. Bei Erschließungs-/Wohnstraßen sind die Regeln der Straßenverkehrs-Ordnung und der Verwaltungsvorschriften durchaus im Sinne der Fußgänger auszulegen. Geschwindigkeitssenkungen sollten möglichst durch ergänzende Maßnahmen unterstützt werden, z.B. durch den relativ kostengünstigen Einbau von Pflanz-/Baumbeeten in den Straßenraum (Kosten bei Beibehaltung der Entwässerung und Leitungen: ca. 2 bis 10.000 Euro pro Grüninsel).
Gute Bedingungen für den Fußverkehr sind ein wichtiger Bestandteil eines attraktiven Wohnumfelds.
Dieser Beitrag ist von Arndt Schwab, Verkehrsplaner in Koblenz und langjähriges Vorstandsmitglied des FUSS e.V., im Dezember 2009 verfasst worden.
Sicher gehen - Forderungen des FUSS e. V. zur Verkehrssicherheit
Anlass für die folgenden Vorschläge war die verspätete Halbzeitbilanz des ministeriellen Verkehrssicherheitsprogramms (VSP) 2011-2020. FUSS e.V. sollte Vorschläge unterbreiten, welche Maßnahmen und Tätigkeitsfelder neu in das Programm aufgenommen werden sollen. Aus diesen Überlegungen entstand der Entwurf eines FUSS-eigenen Sicherheitsprogramms. Wir bitten Sie um Stellungnahmen, Widersprüche und Ergänzungen, damit wir mit unserem Programm sichergehen.
Bislang hatte das VSP des Verkehrsministeriums seine Schwerpunkte auf Autobahnen und außerorts Landstraßen gehabt. Erkenntnisstand des Ministeriums bei der Halbzeitbilanz ist: „Erfolgreiche Verkehrssicherheitsarbeit bedeutet, auf allen Aktivitätsebenen die verfügbaren Ressourcen möglichst effizient dort einzusetzen, wo die größte Wirksamkeit erwartet wird.“(1) Und so kam man zu dem Schwerpunkt Innerortsstraßen: „Aktivitätsschwerpunkte sind Maßnahmen insbesondere zum Schutz der Fußgänger und Radfahrer.“
Sicherheit für den Fußverkehr hat drei Stellschrauben: das Individuum, das Fahrzeug und die Infrastruktur. Doch sogar die Unfallstatistik kann zur Sicherheit beitragen.
Die Infrastruktur
Zur Verkehrsinfrastruktur gehören Straßen, Wege und Plätze, aber auch Verkehrsregeln und Maßnahmen zur Verkehrssicherheit. Eine solche Maßnahme ist es, die Geschwindigkeit zu reduzieren, denn wo langsamer gefahren wird, sind Unfälle seltener und weniger schwer. Wir fordern
- Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts, nicht nur im Umfeld sensibler Einrichtungen wie Kitas, Schulen oder Krankenhäuser, sondern überall dort, wo es aufgrund der Nutzungen, z.B. Hauptschulweg oder wichtige ÖPNV-Haltestelle angezeigt erscheint. Ziel ist eine Verbesserung der subjektiven Sicherheit von zu Fuß Gehenden, z.B. dort, wo schmale Gehwege direkt an die Fahrbahn angrenzen und nicht erst auf der Basis von Unfallzahlen
- für zu schnelles Fahren ein höheres Bußgeld und Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg bei jeder Überschreitung, rascheren und längeren Führerschein-Entzug sowie in gravierenden Fällen weitere Strafen, zum Beispiel Beschlagnahme des Fahrzeugs
- Ausweitung des Vorsichts-Gebots für Fahrende in § 3 Abs. 2 a StVO auf alle Gehenden (nicht nur „gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen“). Bei Verstößen strengere Strafen.
Das Überqueren der Fahrbahn ist unfallträchtig. Sehen und gesehen werden sind Voraussetzung für sicheres Queren. Wir fordern
- Querungshilfen an Hauptverkehrs- und Sammelstraßen an Kreuzungen und Einmündungen, im Bereich von Haltestellen, ggfs. an beiden Enden sowie in kurzen Abständen (ca. 100 – 150 Meter) oder linienhaft an Straßen mit Zielen (Einkauf, Institutionen, Freizeit etc.) auf beiden Straßenseiten
- Einführung der Verkehrsregelung „Begegnungszone“ mit Höchsttempo 20 mit Vorrang für den Fußverkehr und Parkverbot, um das gemeinsame Miteinander auf Plätzen und in Geschäftsstraßen und ohne Umbau auch in Straßen ohne regelkonformen Gehweg zu verbessern (wie in der Schweiz, Österreich, Belgien, Luxemburg und Frankreich)
- Verpflichtung zur Freihaltung von Sichtfeldern an allen Querungsstellen für die das legale Parken im Straßenraum verkehrsrechtlich (zehn Meter vor Kreuzungen, damit Rechtsabbieger den straßenbegleitenden Fuß- und Radverkehr besser sehen können) und/oder planerisch durch Gehwegvorziehungen eingeschränkt und illegales Halten und Parken strenger bestraft wird als bisher (s.S. 28). Dies ist bei der Zunahme von großen Sichthindernissen wie SUVs und Lieferfahrzeugen nötig geworden
- keine Neuanlage von freien Rechtsabbiegespuren (und damit entstehende Dreiecksinseln), die das Abbiegen beschleunigen und den Fußgänger*innen eine zusätzliche Querungsstelle bescheren. Der Bestand muss verpflichtend mit Lichtsignalanlage oder Zebrastreifen ausgestattet oder zurückgebaut werden
- an kleinen Kreisverkehrsplätzen sind grundsätzlich in allen Zu- und Ausfahrten Fußgängerüberwege (FGÜ, Zebrastreifen) anzulegen, um für alle Verkehrsteilnehmenden eine einheitliche und klare Information der Querungssituation sicherzustellen
- Keinen Grünpfeil für Rechtsabbieger an Knotenpunkten mit Fuß- und Radverkehr, sofortigen Abbau rechtswidrig angeordneter Grünpfeile (VwV zu § 37 StVO) und die Anpassung der Einsatzbedingungen für die Grünpfeiltafel an die dokumentierten wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnisse.
Gehwege sind der einzige Schutzraum für den Fußverkehr. Andere Verkehrsteilnehmer*innen sollten sie nur ausnahmsweise benutzen dürfen. Wir fordern:
- Straßenbegleitende gemeinsame Geh- und Radwege innerorts nur dort anordnen, wo es unumgänglich ist, wenn möglich aufheben um Konflikte zu mindern
- Herstellen von Bordsteinradwege nur dort, wo in Wohngebieten ein mindestens 2,50 Meter breiter Gehweg bleibt, bei intensiven Randnutzungen muss entsprechend der Richtlinien ein breiterer Gehweg verbleiben.
- Gewährleistung fahrradfreundlicher Fahrbahnen durch Tempo 30, Fahrradstraßen oder Radverkehrsmarkierungen (Radfahrstreifen, Schutzstreifen mit mindestens 1,50 m oder Piktogrammspuren, jeweils mit 1 m Sicherheitstrennstreifen zum ruhenden Kfz-Verkehr)
- Ahnden von Gehwegparken und -fahren für Kfz, Fahrräder oder Kleinstelektrofahrzeuge.
Für Verkehrssicherheit zu sorgen ist eine Daueraufgabe. Sie erfordert Regeln, zusätzliche Mittel und qualifiziertes Personal. Wir fordern:
- Die Straßenverkehrsbehörde muss nachweisen, dass sie die Verkehrsinfrastruktur wie vorgeschrieben regelmäßig prüft.
- An Haupt(-verkehrs)straßen, nach Verkehrsunfällen, an denen Fußgänger*innen und/ oder Radfahrer*innen beteiligt sind wie auch an konfliktträchtigen Bereichen, müssen vorrangig Bestandsaudits durchgeführt werden. Diese Audits sind systematische Beurteilungen der Infrastruktur anhand von Check-Listen. Sie sollten möglichst durch externe Fachleute durchgeführt werden.
- Mitarbeiter*innen der Straßenverkehrsbehörde müssen für ihre Aufgaben nicht nur geschult, sondern ausgebildet werden und sind ihrer Verantwortung entsprechend zu bezahlen.
- Verkehrs- und Straßenplaner*innen wie auch Mitarbeiter*innen der Straßenverkehrsbehörden müssen sich wie Mitglieder der Kammern regelmäßig fortbilden.
Das Individuum
Damit Menschen sich im Straßenverkehr angemessen verhalten, müssen sie die Verkehrsregeln kennen und akzeptieren. Die Regeln müssen umsetzbar sein und besonders verletzliche Verkehrsteilnehmer*innen besonders schützen. In der Straßenverkehrsordnung und in Medien sollten deshalb Regelungen im Klartext dargestellt werden:
- Vorrang für den Fußverkehr an Zebrastreifen und in verkehrsberuhigten Bereichen
- Verbot des Parkens auf Gehwegen, an Kreuzungen, Einmündungen und Querungsstellen
- Vorrang für den Fußverkehr in den neu einzurichtenden Begegnungszonen
- Vorrang für den Fußverkehr gegenüber abbiegenden Fahrzeugen rechtlich verbessern, textlich klarstellen und durchsetzen
Weitere nötige rechtliche Änderungen:
- Ausreichend Zeit für Fußgänger*innen, nach dem Umschalten auf Rot die andere Straßenseite zu erreichen. Hierbei ist im Zuge von wichtigen Schul- oder Spazierwegen die Gehgeschwindigkeit von Kindern oder Senioren zugrunde zu legen
- Verkehrsregeln ändern sich. Um die Regelkompetenzen der Führerscheininhabenden zu prüfen, sollten alle unter 26-Jährige den Führerschein nur zur Probe erhalten mit einer anschließenden theoretischen und praktischen Prüfung zur Auffrischung des Führerscheins alle fünf Jahre
- Durch eine geeignete Anpassung des Bußgeldkatalogs, z.B. wie in der Schweiz, mit strengen Strafen bei zu schnellem Fahren, sollen Geschwindigkeitsüberschreitungen reduziert werden.
Die Fahrzeuge
Je größer und schneller ein Fahrzeug ist, desto gefährlicher kann es ungeschützten Verkehrsteilnehmer*innen werden. Wir fordern:
- Gesetzliche Standards zur fußgängerfreundlichen Ausstattung von Kraftfahrzeugen, z. B. Außenairbag und eine geeignete Geometrie der Fahrzeugfront, wofür es seit Jahrzehnten Vorschläge gibt
- SUV sind als Fahrzeuge für Off-Road konzipiert, mit ihrer Breite benötigen sie innerorts überproportional viel Platz. Daher sind zum einen deutlich höhere Steuern auf SUVs zu erheben, zum anderen ist für die Innenstädte und auf engen Straße eine Durchfahrtsperre für Fahrzeuge einer bestimmten Breite (> 2 m incl. Außenspiegel) mit entsprechendem Bußgeld zu erlassen.
- Für alle Motorfahrzeuge mit Elektroantrieb (Hybrid und reine E-Autos) das verpflichtende, nicht ausschaltbare Warngeräuschsystem (AVAS) auch für Bestandsfahrzeuge
- Für alle Lkw und Busse ab sofort die Einführung verpflichtender elektronische Abbiegeassistenten für Neufahrzeuge sowie die verpflichtende Nachrüstung für Bestandsfahrzeuge
- Die EU-weit ab 2022 für Neuwagen vorgeschriebenen automatische Tempobegrenzung darf zumindest innerorts nicht ausgeschaltet werden können.
Die Unfallstatistik
Paragraf 1 des Straßenverkehrsunfallstatistikgesetzes lautet: „Über Unfälle, bei denen infolge des Fahrverkehrs auf öffentlichen Wegen und Plätzen Personen getötet oder verletzt oder Sachschäden verursacht worden sind, wird laufend eine Bundesstatistik geführt. Sie dient dazu, eine aktuelle, umfassende und zuverlässige Datenbasis über Struktur und Entwicklung der Straßenverkehrsunfälle zu erstellen.“
Die Unfallstatistik soll künftig auch Alleinunfälle von Fußgänger*innen enthalten, damit ins öffentliche Bewusstsein rückt, dass man sich um Sicherheit für den Fußverkehr ernsthafter bemühen muss als bisher.
Hinweis
(1) BMVI: Halbzeitbilanz des Verkehrssicherheitsprogramms 2011-2020
Barfußpfade für das gesunde Leben auf freiem Fuß
Seit 1992 in Bad Sobernheim der erste Barfußpfad Deutschlands eingerichtet wurde, wächst das Interesse an dieser naturverbundenen und gesunden Freizeitmöglichkeit von Jahr zu Jahr. Eine aktuelle Bestandsaufnahme im Internet zeigt, dass es heute im deutschsprachigen Raum inzwischen etwa zwei Dutzend Rundwanderwege von 1 bis 4 km Länge gibt, die eigens für das Barfußlaufen eingerichtet und mit phantasievollen Erlebnisstationen ausgestattet wurden. Diese abwechslungsreichen Einrichtungen werden von örtlichen Initiativen liebevoll instandgehalten und präsentieren sich als lebenslustige Alternativen zum ermüdenden Laufen auf Schotter- und Asphaltwegen. Und der Besucherzustrom ist beachtlich – einige Barfußparks geben an, hunderttausend Besucher im Jahr zu haben. Dies ist ein Anzeichen, dass der Trend der Freizeitbedürfnisse wieder zurück zu den Wurzeln der Natürlichkeit geht.
Eine Darstellung der bekanntesten Barfußpfade in Wort und Bild und eine Informationsbasis für Planung und Realisierung bietet die Seite www.barfusspark.info
Gehen ist gesund
- Gehen stimmt die Haltemuskulatur des Körpers auf schmerzfreie Funktion ein.
- Gehen ist der ideale Ausgleich für unsere rückenschädigende sitzende Lebensweise.
- Als sanftes Ausdauertraining wirkt Gehen den Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkankungen entgegen – es senkt den Blutdruck und reguliert den Fettstoffwechsel.
- Bewegung im Freien steigert die Durchblutung und stärkt die Abwehrkräfte, insbes. gegen Erkältungskrankheiten.
- Gehen reguliert den Hirnstoffwechsel, es werden verstärkt Endorphine („Glückshormone“) gebildet und die Stimmung hellt sich auf.
- Zeit für Gespräche beim gemeinsamen Gehen verbessert die sozialen Beziehungen.
Gehen auf Naturboden ist gesünder
- Die gesundheitsfördernden mechanischen Einwirkungen beim Gehen sind viel intensiver als auf Asphalt oder eingeebnetem und verdichtetem Schotterbelag.
- Insbesondere die Füße und der Rücken werden dadurch gestärkt, dass ihnen die Unebenheiten den Boden Beweglichkeit abverlangen.
- Der Spaß am Laufen auf naturbelassenen Pfaden regt vor allem Kinder zum ausdauernden Laufen an, wodurch die o.g. günstigen Wirkungen viel stärker zum Tragen kommen.
Barfußgehen auf Naturboden ist am gesündesten
- Das optimale Training der Fußmuskulatur wird erreicht, wenn der Komfort der Schuhe wegfällt. Die durch regelmäßiges Barfußgehen erworbene Muskelspannung stützt das Fußgewölbe und verhindert den Senk- und Spreizfuß und daraus entstehende Fußschäden.
- Die ideale Abrollbewegung, die sich beim Barfußgehen von ganz alleine entwickelt, gibt der Rückenmuskulatur entscheidende Steuerimpulse zur Schonung von Wirbelgelenken und Bandscheiben.
- Barfußlaufen verhindert Blutstau in den Beinen. Der Wadenmuskel kann seine Wirkung als Blutpumpe uneingeschränkt entfalten. Deshalb wird barfüßiges Bewegungstraining als Heilmethode gegen Venenleiden eingesetzt.
- Die Durchblutung wird gesteigert, Kältereize kurbeln die Wärmeproduktion im Körper an. Dieser „Kneipp-Effekt“ schützt vor Erkältungskrankheiten und wurde früher sogar zur Behandlung von Tuberkulose genutzt – u.a. hat Kneipp damit sein eigenes Leben gerettet.
- Antidepressive Endorphine, die Ruhe, Selbstvertrauen und Ausgeglichenheit erzeugen, werden durch mechanische Reizung von Rezeptoren der Fußsohlen verstärkt gebildet.
- Ein gemeinsamer Barfußausflug wird in der Regel als ein intensives und erfüllendes Gruppenerlebnis erfahren, er wird als gemeinsames Abenteuer erlebt und lässt die Teilnehmer schnell eine gemeinsame Wellenlänge finden. Barfußgehen in der Natur findet im „Hier und Jetzt“ statt und ermöglicht wohltuendes Abschalten von den Alltagsproblemen.
Der Umweltsinn sitzt in den Fußsohlen
Der sanfte Tritt unserer weichen Fußsohlen schädigt weder Vegetation noch Untergrund und erschreckt unsere Mitgeschöpfe nicht durch Lärm. Ohne Schuhe erwacht auch in uns der angeborene Umweltinstinkt naturverbundener Kulturen:
- Ein Barfußgeher hält Blickkontakt zum Untergrund und bekommt deshalb sehr viel über seine Beschaffenheit mit. Tiere und Pflanzen bemerkt er, bevor er sie zertreten würde.
- Ohne Schuhe respektiert man Dornen und scharfe Blattkanten, mit denen sich empfindliche Biotope gegen Eindringlinge wehren.
- In der Natur Scherben und Müll zu hinterlassen, kommt für Barfußläufer nicht in Frage.
- Barfuß erleben wir versiegelte Böden aus Asphalt und Beton als unsympathisch und werden dadurch für das Problem der Flächenverbrauchs sensibilisiert.
- Eine gute Beziehung zu Mutter Erde lebt von der abwechslungsreichen Erfahrung des direkten Kontakts.
Deshalb hat es eine gute Tradition, Naturerlebnisführungen für barfüßige Teilnehmer anzubieten – sei es im Wald, im Moor oder im Wattenmeer. Insbesondere in sensiblen Bereichen kann man sich sicher sein, dass sich die Besucher eingedenk der eigenen Verletzlichkeit sehr umsichtig bewegen. Barfußlaufen lässt uns den notwendigen Respekt vor der Natur sinnlich erleben.
„Barfuß im Park“
Was ist ein Barfußpark?
Ohne viel Nachdenken über die o.g. Argumente haben viele Leute, insbes. die meisten Kinder, ganz einfach Spaß am Barfußlaufen. Auf den Schotter- und Verbunddecken, die inzwischen leider 65 % des deutschen Wanderwegeangebots ausmachen, kann man dies natürlich nicht beobachten. Doch die Möglichkeiten, die die Barfußparks im deutschsprachigen Raum seit einigen Jahren bieten, werden begeistert angenommen.
Eine offizielle Definition des Begriffs Barfußpark existiert bislang nicht; in diesem Artikel werden darunter Einrichtungen verstanden,
- die Laufen auf naturbelassenen Böden ermöglichen,
- in deren Verlauf Fühlstrecken mit unterschiedlichen Materialien für Abwechslung sorgen,
- die durch Erlebnisangebote wie Balancierstationen, Kneippmöglichkeiten, Bachdurchquerungen, Hängebrücken etc. bereichert werden,
- die regelmäßig kontrolliert und instandgehalten werden, so dass man sie jederzeit gefahrlos und mit ungetrübtem Vergnügen nutzen kann.
In diesem Sinne macht es keinen Unterschied, ob ein solches Angebot bescheiden „Barfußpfad“ oder werbewirksam „Barfußpark“ genannt wird. Wesentlich ist, dass den Besuchern abwechslungsreiches Barfußgehen als natürliches Freizeitvergnügen ermöglicht wird.
Aufwand
Idealerweise hat man ein geeignetes Gelände mit bereits vorhandenen naturbelassenen Pfaden und ggf. auch einem zum Wassertreten geeigneten Gewässer zu Verfügung. In diesem Fall kann eine kleine Gruppe, die ehrenamtlich ein paar Dutzend Arbeitsstunden aufbringt und wenige Tausend Euro zur Verfügung hat, schon eine attraktive Lösung verwirklichen. Größere Kosten entstehen, wenn man alles aus dem Boden stampfen muss und aufwändigere Erlebnisangebote wie Hängebrücke, Wasserspielplatz, Kneipp-Anlage einbeziehen will.
Der Wartungsaufwand für einen Barfußpfad ist nicht groß, aber unverzichtbar. Für Inspektionen mit kleineren Reparaturen, die zweimal pro Woche (bei starkem Besucherandrang 1x pro tausend Besucher) erfolgen sollten, ist eine halbe Arbeitsstunde pro Kilometer einzuplanen. Eine spezielle Kur- und Spielausstattung erfordert Zusatzaufwand.
Nutzen
Ein erheblicher Teil der Bevölkerung erkennt ganz offensichtlich den gesundheitlichen Nutzen und Freizeitwert der Barfußparks. So wird aus Dornstetten ein deutlicher Anstieg der Übernachtungen seit Eröffnung der Anlage berichtet. In einigen Fällen werden Barfußpfade als Werbemittel eingesetzt, z.B. um einem Autohof an einer etwas abgelegenen Ausfahrt Besucher zuzuführen oder als Anreiz, mit einer Bergbahn zu einem „alpinen Barfußweg“ zu fahren. Doch in erster Linie ergibt sich der Sinn der Barfußparks aus dem gesundheitlichen Nutzen, der Naturerfahrung und der sozialen Komponente des „Lebens auf freiem Fuß“.
Gütekriterien für Wanderwege
Die Gütekriterien für Wanderwege der Initiative „Wanderbares Deutschland“ kommen auch dem vielfältigen Interesse am Barfußlaufen in der Natur entgegen, denn ausreichend lange Abschnitte von naturbelassenen Erdwegen und Pfaden gehen positiv in die Bewertung ein. Für die Anbieter von Wanderwegen besteht somit der Anreiz, auf Teilstrecken das Laufen auf Naturboden anzubieten. Notwendige Nachbesserungen dieser Wege können z.B. problemlos mit Holzschnitzeln und/oder Rindenmulch anstelle von Schotter erfolgen und so den Naturbodencharakter erhalten. Sowohl mit Schuhen als auch barfuß ist das ein besonders angenehmer Untergrund zum Wandern.
Am Beginn längerer Naturbodenabschnitte wäre der Hinweis auf eine längere durchgehende Barfußstrecke hilfreich. So mancher Wanderer lässt gerne seine Schuhe im Rucksack verschwinden, wenn er weiß, dass er ein schönes Wegstück zum Barfußlaufen vor sich hat. Zusätzlich könnten kostengünstige und pflegeleichte Fühl- und Erlebnisstationen an den barfuß begehbaren Wegabschnitten eingerichtet werden. Vor allem Leute, die Barfußparks schon durch eigenes Erleben kennen (das sind mit Sicherheit mehr als eine Million Deutsche), werden durch ein solches Angebot unmittelbar angesprochen. Hierin liegt eine Möglichkeit, Wandern mit geringem Aufwand um eine schöne Facette reicher zu machen – eine Chance, die darauf wartet, genutzt zu werden.
Weitere Informationen:
- Kinder machen Fußgymnastik, Barbara Köhler und Heidi Reber, Ferdinand Enke-Verlag Stuttgart, 4. Auflage 1998.
- Wanderbares Deutschland – Qualitätsoffensive Wandern, Autor Rainer Brämer, Herausgeber Deutscher Tourismusverband e.V. und Deutscher Wanderverband e.V., 1. Auflage 2003.
- www.barfusspark.info und darin zitierte Webseiten der Betreiber von Barfußpfaden
Dieser Beitrag von Dr. Lorenz Kerscher, Herausgeber des Newsletters
Die Veröffentlichung „Zu Fuß für Umwelt und Gesundheit“ ist bei uns für 10,00 Euro zzgl. Porto zu beziehen. Sie können Sie in unserem Online-Shop in der Rubrik Broschüren > Fußverkehr-Allgemein bestellen.
Checkliste für die Bewerbung von Wanderwegen und Wanderrouten (Wanderprospekte)
Diese Checkliste richtet sich an alle Tourismus- und Wanderverbände, insbesondere aber an die regionalen und örtlichen Vereine und enthält hauptsächlich Anregungen aus der Sicht derjenigen, die zumeist an selbstorganisierten Wanderungen Interesse haben. Die Gliederung der vorgeschlagenen Bestandteile eines Wanderprospektes im Abschnitt I. erfolgt in diesem Sinne kundenorientiert und ist lediglich als Anregung gedacht. Der sehr kurze Abschnitt II. gibt eine erste Übersicht zu den möglichen Vermittlungsformen.
I. Bestandteile
1. Das könnte Wanderer interessieren!
1.1 Erste Orientierung:
- Name oder Motto des Wanderweges bzw. der Wanderroute
- Ausgangs- und Endpunkt
- nächstgelegener größerer bzw. bekannter Ort
- Bezeichnung der touristischen Region
- evtl. Angabe des Bundeslandes
Diese Angaben gehören unbedingt auf das Deckblatt. Dadurch sollte jeder Bundesbürger in etwa wissen,
1.2 Erste Ansprache:
- besonderer Reiz der Wanderung
- landschaftliche Einordnung
- einige Besonderheiten und Attraktionen am Weg
- möglicherweise, für welche Zielgruppe er besonders geeignet ist
Auch diese erste allgemeine Beschreibung (z.B. abwechslungsreicher Waldweg, zumeist am Berghang, Wiesen, Badeseen, usw.) sollte in zwei/drei Sätzen zusammengefasst nach Möglichkeit auf dem Deckblatt stehen.
1.3 Entscheidungs-Kriterien:
- Länge insgesamt (Kilometer + evtl. Stunden)
- ggf. Etappen-Längen (Kilometer + evtl. Stunden)
- Steigungen (Meter)
- Schwierigkeitsgrad
- Erreichbarkeit durch öffentliche Verkehrsmittel (ÖV) und durch motorisierte Individual-Verkehrsmittel (MIV)
An zentraler Stelle, möglichst ebenfalls bereits auf dem Deckblatt, sollen Interessierte die Daten erfahren, die in der Regel die Grundlage für Ihre individuelle Entscheidung darstellen. Der Schwierigkeitsgrad sollte möglicherweise beispielhaft benannt werden, z.B. kinderwagentauglich, kurze schwierige Berggeröllstrecken, usw.), um den Interessierten eine Selbsteinschätzung zu ermöglichen. Obwohl die Erreichbarkeit als eine der entscheidenden Angaben im Prospekt ausführlicher erläutert werden sollte, ist bereits an einer hervorgehobenen Stelle dazu eine Kurzaussage notwendig.
1.4 Nachfragemöglichkeiten (Impressum):
- Adresse
- Telefon
- Fax
- Website (www)
- Herausgabe-Jahr
Die vollständige Anschrift des Herausgebers, der Tourismus- oder Informationszentrale sollte leicht zu finden sein, d.h. am Anfang oder am Ende des Prospektes stehen. Es bietet sich an, zumindest das Jahr der Herausgabe des Prospektes an dieser Stelle unterzubringen.
2. Das spricht Wanderer an!
2.1 Wege- bzw. Routen-Beschreibung:
- Ausgangspunkt
- Streckenbeschreibung im Verlauf des Weges bzw. der Route
- Empfohlene Streckenabschnitte
- Unterstell- und Rastmöglichkeiten
- besondere Aussichten
- ggf. Stichwege zu touristischen Besonderheiten
Der genaue Ausgangspunkt des Wanderweges bzw. der Wanderroute sollte sehr sorgfältig beschrieben werden.
2.2 Beschreibung der touristischen Region:
- Landschaften
- Sehenswürdigkeiten in Städten und Dörfern
- kulturelle Traditionen und Angebote
- Handwerk, Industrie usw.
- Geschichte
2.3 Mögliche zusätzliche Freizeitaktivitäten:
- Badestellen, Freibäder, Badeanstalten
- Freizeitparks, Höhlen, Museen
- Kirchen (offene Kirche)
- Spielplätze, Sportplätze
- Abendgestaltung, Diskotheken, Kinos
Bei allen derartigen Angeboten sollten Öffnungszeiten und Eintrittspreise, zumindest aber die Adressen und Telefonnummern genannt werden.
2.4 Orientierungskarte:
- Maßstab durch 1 Kilometer-Strich
- Ausgangspunkt, Etappenpunkte, Endpunkt
- Haltestelle/Bahnhöfe (H) und Parkplätze (P)
- Verpflegungs- und Übernachtungsmöglichkeiten
- Abkürzungs-, Alternativrouten und Stichwege
- naturkundliche und touristische Sehenswürdigkeiten
- Punkte mit hervorzuhebenden touristischen Angeboten (Baden, Spielen, Sport,usw.)
Wenn der abgedruckte Orientierungsplan als ausreichende Grundlage angesehen wird, sollte er unbedingt höheren Qualitätsanforderungen genügen. Aber auch, wenn eine zusätzliche Karte empfohlen wird, sollten alle wesentlichen im Text hervorgehobenen Begriffe auch in der Karte wiederzufinden sein.
2.5 Layout:
- farbig, modern - aber nicht aufdringlich
- nachvollziehbar gegliedert - nicht zuviele Text-Sprünge
- möglichst übersichtliche Gestaltung
- gut lesbarer Schrifttyp (z.B. Arial, Tahoma, etc.)
- ansprechende Bilder und Fotos
- zumindest einige wenige freie Flächen
Der Prospekt sollte so ansprechend sein, dass man am liebsten gleich loswandern möchte. Sowohl auf extrem biederes als auch auf extrem farbiges Layout sollte verzichtet werden. Bei Darstellung von Wanderern in Grafiken oder Fotos sollten möglichst alle Altersgruppen der Zielgruppe vertreten sein.
3. Das ist für Wanderer durchführbar!
3.1 Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln:
- Anzahl und tageszeitliche Verteilung der ÖV-Verbindungen am Tag zur Ausgangs-Haltestelle/Bahnhof (H)
- Entfernung von der Ausgangs-Haltestelle/Bahnhof (H) zum Wanderweg-Ausgangspunkt
- Wegestrecke der Wander-Etappen bis zur folgenden (H)
- Entfernung vom Wanderweg-Endpunkt zur nächsten (H)
- Anzahl der ÖV-Verbindungen am Tag ab der Abreise-Haltestelle/Bahnhof (H)
3.2 Erreichbarkeit mit dem Auto oder Fahrrad:
- Lage des nächsten öffentlichen Parkplatzes (P)
- ggf. Angaben zum (P) wie z.B. bewacht, gebührenpflichtig, usw.
- Fahrrad-Anschlussmöglichkeiten vorhanden/nicht vorhanden
- Entfernung vom (P) zum Wanderweg-Ausgangspunkt
- Entfernung vom Wanderweg-Endpunkt zurück zum Ausgangs-(P)
- Angabe zur Möglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück zum Ausgangs-(P) zu gelangen
3.3 Übernachtungsmöglichkeiten:
- Campingplätze
- Jugendherbergen, Naturfreundehäuser usw.
- einfache Pensionen und Hotels
- gehobene Pensionen und Hotels
Für alle diese recht unterschiedlichen Angebote gibt es Zielgruppen, die zumindest einige Adressen und Telefonnummern genannt bekommen sollten oder bei einem größeren Angebot die entsprechende Vermittlungsstelle.
4. Das ist von Wanderern vorzubereiten.
4.1 Benötige weitere Unterlagen:
- Orientierung ist durch abgebildete Karte oder Wegweisung vor Ort möglich
- der Kauf einer Wander-Karte wird empfohlen (Name, Verlag)
- evtl. Nennung weiterer Vorbereitungs-Literatur bzw. Prospekte
4.2 Hilfen bei der Vorbereitung:
- Telefonnummer und ggf. Besetzungszeiten für Nachfragen zu den Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel
- Telefonnummern zu den Übernachtungsangeboten
- Telefonnummern zu den touristischen Angeboten, Veranstaltungen, usw.
Diese Angaben können an den entsprechenden Stellen oder am Ende zusammengefasst aufgenommen werden.
4.3 Hilfen bei der Durchführung:
- bei Routenvorschlägen Hinweise zu Gepäcktransfer
- geführte Wanderungen
- Themenwanderungen
- Pauschalangebote
II. Vermittlungsformen
1. Faltblatt
Ein Faltblatt für einen Wanderweg bzw. für eine Wanderroute ist sicherlich die kundenfreundlichste Vermittlungsform und gleichermaßen geeignet als Werbeträger und als praktische Hilfe bei der Wanderung selbst. Die verschiedenen in den letzten Jahrzehnten entwickelten Druck- und Faltmethoden bieten ein breites Spektrum von Möglichkeiten; beinhalten allerdings auch die Gefahr der Unübersichtlichkeit, wenn zuviel auf einer zu kleinen Fläche untergebracht werden soll. Die Variante ist in der Regel kostengünstig und und sie ist eine gute Voraussetzung dafür, aktuelle Informationen zu bieten. Es ist anzustreben, für ein touristisches Bewerbungsgebiet für Wanderwege und Wanderrouten eine einheitliche Form für die verschiedenen Falter anzubieten. Schon ab einer recht kleinen Anzahl von Wanderprospekten dieser Art entsteht der Bedarf nach einer Übersicht über das Gesamtangebot (zumindest als Liste, besser als Übersichtsplan). .
2. Mappe
Günstig ist die Zusammenfassung verschiedener Faltblätter, die jeweils einen Wanderweg oder eine Wanderroute beschreiben. Bei der Wanderung wird dann gegebenenfalls nur der entsprechende Prospekt mitgenommen, deshalb muss jedes Faltblatt alle für die Wanderung erforderlichen Informationen (siehe Abschnitt I.) enthalten. Die allgemeinen und übergreifenden Informationen sind dagegen zusammenzufassen und z.B. auf der Mappe selbst unterzubringen.
Vorteilhaft ist, dass auch andere Prospekte z.B. das aktuelle Veranstaltungsprogramm oder eine umfassendere Liste der Übernachtungsmöglichkeiten, der Restaurants usw. einzulegen sind. Damit sollten allerdings die Interessenten auch nicht gleich überfordert werden. Mappen können im Tourismusbüro aufgrund der Anfrage individuell zusammengestellt werden und vermitteln dem Kunden einen guten Service. Sie können aber auch recht umfangreich und entsprechend teuer sein.
3. Heft
Informationen zu einem oder zu mehreren Wanderwegen bzw. Wanderrouten in zusammengelegter oder gehefteter Form sind ansprechend und übersichtlich zu gestalten und für die Benutzer, wenn sie nicht zu umfangreich ausfallen, auch sehr handlich. Die häufig zu hohen Auflagen eines solchen Druckwerkes beinhalten das Risiko, dass in den Folgejahren veraltete Informationen an die Kunden vermittelt werden.
4. Faltplan
Oft werden auf der einen Seite eine Übersichtskarte und auf der anderen Seite die Beschreibungen der Wanderwege bzw. Wanderrouten und die entsprechenden Zusatzinformationen abgedruckt. Bei dieser Variante ist es aus Platzgründen oft schwierig, alle notwendigen Zusatzinformationen (vgl. Abschnitt I.) unterzubringen und die Textinformationen sind häufig unübersichtlich und beim Wandern selbst auch mühsamer zu lesen. Für eine erste Übersicht ist sie allerdings gut geeignet sowie preiswert zu versenden.Solche Faltpläne bieten sich auch als Wander-Beilage beim Informationsversand aufgrund allgemeiner Anfragen an. Für interessierte Wanderer sind dann allerdings vor Ort zumeist Faltblätter oder Hefte sinnvoll.
Weitere Informationen:
Grundlage dieser Checkliste ist eine unveröffentlichte Auswertung von Wanderprospekten der letzten Jahre in Deutschland, die durch Schrift-Verkehr - Büro für Publizistik und Planung Dortmund erstellt wurde.
Diese Checkliste von Jürgen Brunsing, Britta Knoblauch und Bernd Herzog-Schlagk ist in Abstimmung mit dem FUSS e.V. Fachausschuss Wanderwege, wandern + spazieren gehen im Februar 2002 erschienen.
Die Veröffentlichung „Checkliste für die Bewerbung von Wanderwegen“ ist bei uns für 0,50 Euro zzgl. Porto zu beziehen. Sie können Sie in unserem Online-Shop in der Rubrik Broschüren > Fußverkehr-Wandern bestellen.
Innerörtliche Gehwege und Fahrradnutzung
Empfehlungen des FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland
- Kurzfassung (5 Seiten, erschienen in mobilogisch, 2/2010)
Das Zu-Fuß-Gehen wird in den Städten und kleineren Gemeinden unangenehmer und gefährlicher, wenn die Gehwege immer stärker auch von Radfahrerinnen und Radfahrer benutzt werden. Gründe für diese Verlagerung sind möglicherweise die Flucht vor dem zu schnellen Autoverkehr auf der Fahrbahn oder unkomfortable Radverkehrsbedingungen. Leider werden Radfahrende mitunter durch Beschilderungen und Maßnahmen der Ordnungsbehörden zur Gehwegbenutzung gedrängt oder sogar verpflichtet. Diese Entwicklung passt nicht in eine Zeit, in der sich viele Menschen aus Umweltschutz- und Gesundheitsgründen zu Fuß bewegen sollten und auch zunehmend wollen. Deshalb müssen dem Fuß- und dem Radverkehr als zukünftig noch bedeutendere Verkehrsträger (Klimawandel, Lärmschutz, Demografie, etc.) sichere und angenehmere Verkehrs- und Aufenthaltsflächen zur Verfügung gestellt werden.
Die Themen im Überblick:
1. Verkehrsbedingungen und Handlungsvorschläge
1.1 Mögliche Konfliktpunkte innerhalb des Umweltverbundes müssen entschärft werden.
1.2 Die Infrastruktur muss verbessert werden.
1.3 Aktuelle Planungsgrundlagen müsen umgesetzt werden.
1.4 Radwege auf Gehwegniveau müssen Qualitätsansprüchen genügen.
1.5 Gemeinsame Geh- und Radwege sind weitgehend zu vermeiden.
1.6 Die Zulassung der Mitbenutzung eines Gehweges muss die Ausnahme bleiben.
1.7 Getrennte Rad- und Gehwege müssen zweifelsfrei gestaltet werden.
1.8 Das Abstellen von Fahrrädern muss fußverkehrsgerechter ermöglicht werden.
2. Zielgruppenorientierte Handlungsstrategie
2.1 Maßnahmen-Vorschläge für Bund, Länder und Gemeinden.
2.2 Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit für Auto- und Radfahrende.
2.3. Nötigenfalls Sanktionen auch für Radfahrende.
1. Verkehrsbedingungen und Handlungsvorschläge
1.1 Mögliche Konfliktpunkte innerhalb des Umweltverbundes müssen entschärft werden.
FUSS e.V. fordert die Gehwege für die Fußgänger zurück und begrüßt gleichzeitig jede Verbesserung der Wegebedingungen für den Radverkehr, die nicht zu Lasten des Fußverkehrs durchgeführt wird. Zur Förderung des Umweltverbundes (Gehen, Radfahren, Bus- und Bahnbenutzung) ist die Konfliktreduzierung zwischen diesen beiden nichtmotorisierten Verkehrsträgern ein wesentlicher Aspekt, der in den letzten Jahren zu häufig verdrängt oder in Planungen und Anordnungen vernachlässigt wurde.
Gehen und Fahrradfahren sind beide umweltfreundlich, allerdings mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften und Anforderungen an Infrastruktur und die örtliche Verkehrsregelung. Nach der Straßenverkehrs-Ordnung sind Gehwege zum Gehen da, Fahrräder müssen dagegen als Fahrzeuge auf der Fahrbahn fahren (Straßenverkehrs-Ordnung StVO § 25 (1) und § 2 (1)). Mit einer insgesamt verträglicheren Einbettung des Radverkehrs in Verkehrsregeln und -infrastruktur muss im Verbund mit einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden, dass Fußgänger/innen nicht mehr durch Radfahrer/innen auf Gehwegen geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt werden (§ 1 (2) StVO).
Einkaufende Fußgänger, Familien mit Kindern, gedankenverlorene Flaneure, konzentriert Nachdenkende, langsam laufende Senioren, herumalbernde Jugendliche, Seh- und Mobilitätsbehinderte, die ohnehin viele Dinge gleichzeitig beachten müssen, haben alle ein Recht, sich auf Gehwegen unbeschwert bewegen zu können. Zum Gehen gehören auch Stehenbleiben, plötzliche Änderungen der Laufrichtung und Spiel. Insbesondere bei Älteren erzeugen nah vorbeifahrende bzw. plötzlich von hinten kommende Radfahrer Unsicherheiten. Hier geht es um städtische Lebensqualität, praktische Sozialpolitik (Familienfreundlichkeit, Berücksichtigung Mobilitätsbehinderter), sowie um Gesundheit und Verkehrssicherheit. Bereits bei wenigen Radfahrenden auf Gehwegen kann das Gehen deutlich an Attraktivität verlieren.
Die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Fußgängern (3-7 km/h) und Radfahrern (14-25 km/h) sind erheblich und können zu Konflikten und auch zu Unfällen mit schweren Verletzungen führen: Während die Zahl der polizeilich erfassten Unfälle in Deutschland in den letzten vier Jahren um etwa 2 % anstieg, stieg sie zwischen Fußgänger/innen und Radelnden von 2004 bis 2008 um knapp 11% auf über 4.000 pro Jahr! (Statistisches Bundesamt, Verkehrsunfälle, Tabellen UV 1E3) Die Anzahl der Straßenverkehrsunfälle mit Personenschäden insgesamt nimmt dagegen in Deutschland ab. Da Unfälle zwischen Radfahrenden und Gehenden häufig nur mit leichten Blessuren einhergehen, wird die Polizei selten informiert und die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher als bei allen anderen Verkehrsunfallstatistiken liegen.
Kinder bis zum vollendeten 8. Lebensjahr müssen und bis zum vollendeten 10. Lebensjahr dürfen sie mit Fahrrädern Gehwege benutzen (§ 2 (5) StVO). Diese Regelung ist nicht unproblematisch, weil sich auch Kinder gegenüber Fußgängern falsch und rücksichtslos verhalten können. Außerdem hat sie die Tür geöffnet, dass auch erwachsene Begleitpersonen illegal aber „selbstverständlich“ auf dem Fahrrad die Gehwege benutzen. Neben diesen meist langsameren Radfahrer/ innen benutzen zunehmend Jugendliche oder Erwachsene ordnungswidrig radfahrend die Gehwege. Sie haben dabei teilweise einen unangemessen „sportlichen“ Fahrstil und handeln als ob Ihnen durch die Benutzung des umweltfreundlichen Verkehrsmittels Fahrrad Vorrechte eingeräumt werden, ihren Schwung zu bewahren, nicht zu bremsen oder abzusteigen. Das ist bemerkenswert, denn gerade diese Gruppe sollte auf der Fahrbahn gut vorankommen. Erzeugt wird durch solcherart unangenehme, kritische und gefährliche Begegnungen ein gereiztes, teils aggressives Klima, das den allgemeinen Umgangsformen und der Verhaltenskultur im öffentlichen Raum abträglich ist.
1.2 Die Infrastruktur muss verbessert werden.
Die notwendige Unterbindung des illegalen Radfahrens auf Gehwegen muss durch verkehrspolitische und planerische Entscheidungen unterstützt werden, die die Angst von Radfahrenden bei der Nutzung der Fahrbahnen reduzieren.
Hier ist die Senkung der Fahrgeschwindigkeiten der Kraftfahrzeuge auch auf Hauptverkehrsstraßen ein wesentlicher Hebel, der zudem allen Verkehrsteilnehmern und der Umwelt zugute kommt. Die Maßnahme ist sehr kostengünstig und binnen weniger Wochen umzusetzen; sie hat neben der Verkehrssicherheit und Rad-/Fußverkehrsförderung noch weitere Nutzen (z.B. Lärm- und Gesundheitsschutz). Eine weitere zentrale Maßnahme zur Problemlösung ist die Markierung ausreichend breiter Radfahr- und Schutzstreifen auf den Fahrbahnen der Hauptverkehrsstraßen. Bei Fahrbahnen mit holprigem Pflasterbelag ist zu prüfen, inwieweit ebene Radfahrspuren eingebaut werden können.
1.3 Aktuelle Planungsgrundlagen müssen umgesetzt werden.
Infrastruktur und Verkehrsregelung müssen fußverkehrsgerechteres Verhalten ermöglichen und fördern. Um einer gleichberechtigten Nutzung des öffentlichen Raumes durch alle Verkehrsteilnehmerinnen wenigstens näher zu kommen, besteht großer Nachholbedarf in der Umsetzung des geltenden Rechtes und der aktuellen technischen Regelwerke.
Dies sind im Wesentlichen die verbindlichen Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO in der Fassung vom 1.09.2009), sowie die als „Stand der Technik“ bezeichneten Regelwerke, insbesondere die Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA 2002), die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 1995, in Überarbeitung) und die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 2006).
Die in den Planungsgrundlagen festgelegten Kriterien sind weitestgehend zur Konfliktminderung geeignet; in den Verwaltungsvorschriften sind dagegen verminderte Mindestbreiten der Wege angegeben, die für ein geregeltes Mit- oder Nebeneinander der beiden Verkehrsarten nicht in allen Verkehrssituationen ausreichend sind. Diese sich widersprechenden Angaben sind als Handlungsanleitung nicht zu akzeptieren, zumal insbesondere die Verwaltungsvorschriften zur StVO regelwidriges Verhalten geradezu voraussetzen (siehe 1.4 und 1.5).
Die juristischen Verwaltungsvorschriften müssen an den Stand der Technik angepasst werden bzw. auf diesen verweisen, wie es seit September 2009 bereits bei einigen anderen Sachverhalten erfolgt.
1.4 Radwege auf Gehwegniveau müssen Qualitätsansprüchen genügen.
Die zunehmende Verlagerung des Radverkehrs auf Radwege in Höhenniveau der Gehwege durch Zeichen 237 StVO („Radweg“) – etwa ab Anfang der 1970er Jahre in der alten Bundesrepublik - hat sicherlich unter anderem dazu beigetragen, dass das „Gehwegverbot für den Radverkehr“ allmählich in den Hintergrund geriet. Hinzu kam die Zunahme des Radverkehrs in den letzten Jahrzehnten. Insbesondere in den Neuen Bundesländern haben fahrradunfreundliche Fahrbahnbeläge eine Un-Kultur des Gehwegradelns erzeugt. Darüber hinaus verleiten zahlreiche Hindernisse auf dem Radweg zum rechtswidrigen Ausweichen der Radler auf den benachbarten Gehweg. Dies können zum Beispiel parkende Kraftfahrzeuge, Mülltonnen, aber auch unklare Radwegeführungen, das „Abkürzen um die Ecke“ und nicht zuletzt die häufige Mitnutzung des Radwegs durch Fußgänger sein, die auf dem Weg zur Haltestelle, zur anderen Straßenseite, zum parkenden Auto oder einfach nur beim Nebeneinanderlaufen oder Ausführen des Hundes versehentlich, unbewusst oder zwangsläufig den Radweg betreten.
„Bei Radwegbreiten unter 1,60 m ist das gegenseitige Überholen nicht mehr möglich.“ (6.1.7.5 RASt 06). Deshalb muss ein sogenannter „straßenbegleitender Radweg“ zwischen dem Gehweg und der Fahrbahn einschließlich der beiden Sicherheitsräume zum Fahrbahnrand 0,50 m und zum Gehweg 0,25 m insgesamt selbst bei beengten Verhältnissen eine Breite von mindestens 2,35 Metern haben (4.6, RASt 06). Ein sogenannter „straßenbegleitender Gehweg“, auf dem sich ebenfalls zwei Fußgänger begegnen oder überholen können, muss einschließlich des Sicherheitsraumes z.B. zur Hauswand 0,20 m eine Breite von mindestens 2,00 Metern aufweisen (6.1.6.1 RASt 06). Wenn also zwischen der Hauswand und dem Fahrbahnrand nicht mindestens 4,35 Meter zur Verfügung stehen, ist zumindest einer dieser beiden Wege nicht richtliniengemäß breit. Dann wird immanent vorausgesetzt, dass überholende Verkehrsteilnehmer rechtswidrig die andere Verkehrsfläche nutzen müssen. Deshalb soll bei Unterschreitung der Radwegbreite von 1,60 Metern keine Benutzungspflicht angeordnet werden (6.1.7.5 RASt 06). Das allerdings mindert allenfalls das Problem der dann „freiwilligen rechtswidrigen“ Mitbenutzung des Gehweges beim Überholvorgang, wenn tatsächlich schnellere Radfahrende die Fahrbahn benutzen.
In der Verwaltungsvorschrift zur StVO wird zwar hervorgehoben, dass „Benutzungspflichtige Radwege …. nur angeordnet werden (dürfen), wenn ausreichende Flächen für den Fußgängerverkehr zur Verfügung stehen“ (VwV I. 2. zu §2 StVO zu Absatz 4 Satz 2); gleichzeitig aber wird die Breite für einen benutzungspflichtigen Radweg einschließlich des Sicherheitsraumes mit „möglichst 2,00“ und „mindestens 1,50 Meter“ angegeben (VwV II.2 aa zu §2 StVO zu Absatz 4 Satz 2). Die zuletzt angegebene Breite reicht nicht einmal aus, um bei einer Gesamtbreite einschließlich des Gehweges von 3,50 einen einzigen Radfahrenden mit dem erforderlichen Sicherheitsraum unterzubringen.
Unter anderem deshalb vertritt der FUSS e.V. seit langem die Auffassung, dass die Benutzungspflicht von Gehwegradwegen generell aufgehoben werden sollte und Anlagen mit nicht ausreichenden Mindestmaßen nach den technischen Planungsgrundlagen als „Stand der Technik“ nicht durch Zeichen 237 als benutzungspflichtige Radwege ausgewiesen werden dürfen.
Jedoch auch nicht-benutzungspflichtige Radwege (bzw. die Gehwegfreigabe) sind grundsätzlich entbehrlich, wenn die Bedingungen für den Fahrradverkehr auf der Fahrbahn verbessert werden (Ausnahmenvorbehalte, z.B. bei Steigungsstrecken und hohem Kfz- bzw. Schwerverkehrsaufkommen, vgl. 4.1.3, ERA 95 und 6.1.7.2, RASt 06).
1.5 Gemeinsame Geh- und Radwege weitgehend vermeiden.
Die Anordnung eines „gemeinsamen Geh- und Radweges“ (Zeichen 240 StVO) „kommt nur in Betracht, wenn dies unter Berücksichtigung der Belange der Fußgänger vertretbar und mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Radverkehrs vereinbar ist und die Beschaffenheit der Verkehrsfläche den Anforderungen des Radverkehrs genügt.“ (VwV 1.I. zu Zeichen 240 StVO). Erforderlichenfalls müssen Radfahrende „die Geschwindigkeit an den Fußverkehr anpassen.“ (Anlage 1 zu § 40, Abs. 6 +7, StVO). Die Notwendigkeit der Rücksichtnahme ist vielen Radfahrenden nicht bekannt, die aufgrund des Verkehrszeichens mit gleich großen Symbolen auch von einer gleichberechtigten Nutzung ausgehen.
Nach den Verwaltungsvorschriften muss ein gemeinsamer Geh- und Radweg mit Benutzungspflicht einschließlich der Sicherheitsräume (nach RASt 06 zusammen 1,20 m) innerorts mindestens insgesamt 2,50 m breit sein (VwV II.2 bb zu §2 StVO zu Absatz 4 Satz 2). Das entspricht nach der (technischen) Richtlinie der Regelbreite eines Gehweges für zwei Personen, ohne Mitbenutzung durch Radelnde (6.1.6.1, Bild 70, RASt 06). Auch in der Richtlinie wird allerdings für eine gemeinsame Nutzung bei schwachen Fußgänger- und Radverkehrsbelastungen unlogischerweise mit 3,50 Metern eine deutlich geringere Mindestbreite angegeben als bei Gehwegradwegen mit beengten Verhältnissen. Doch werden eine ganze Reihe von Ausschlussgründen für diese Regelung aufgezählt, sodass sie in einer normalen kommunalen Straße „mit zahlreichen untergeordneten Knotenpunkts- und Grundstückszufahrten“ und „einer dichteren Folge von unmittelbar an (schmale) Gehwege angrenzenden Hauseingängen“ „generell ungeeignet“ ist (6.1.6.4 und Tab. 27, RASt 06).
Da nur wenige Situationen erkennbar sind, in der das Zeichen sinnvoll oder nötig sein könnte, fordert der FUSS e.V., dass die Ausschlusskriterien und benutzergerechte Mindestbreitenangaben aus den Planungsgrundlagen in die Verwaltungsvorschrift aufgenommen werden. Die zuständigen kommunalen Verwaltungen sollten auf das Zeichen 240 StVO (Gemeinsamer Geh- und Radweg) innerorts künftig weitestgehend verzichten.
1.6 Die Zulassung der Mitbenutzung eines Gehweges muss die Ausnahme bleiben.
Im aktuellen Regelwerk wird empfohlen, statt eines gemeinsamen Geh- und Radweges (Zeichen 240 StVO) „die Regelung `Gehweg-Radfahrer frei` (Zeichen 239 StVO in Verbindung mit Zusatzzeichen 1022-10 StVO) zu favorisieren…“ (6.1.6.4, RASt 06). Hier gelten die gleichen Mindestbreiten, doch gibt es keine Benutzungspflicht für Radfahrer/innen. Für sie ist bei freiwilliger Nutzung eindeutig geregelt, dass sie „auf Fußgänger Rücksicht nehmen und die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr anpassen (müssen). Fußgänger dürfen weder gefährdet noch behindert werden. Wenn nötig, müssen Fahrzeugführer warten.“ (Zeichen 239, StVO).
An z.B. konfliktreichen Engpässen oder in Grünanlagen wird häufiger das Zeichen „Radfahrer frei – Fußgänger-Vorrang“ verwendet, um den Radfahrenden auch vor Ort die Vorrang-Regelung zu verdeutlichen. Bei ihnen ist in einem noch stärkeren Maße als bei Autofahrenden davon auszugehen, dass sie den Verhaltenshinweis aus der Straßenverkehrs-Ordnung nicht kennen und die Aussage „Radfahrer frei“ nicht grundsätzlich so interpretieren, dass sie nötigenfalls sogar halten und warten müssen. Deshalb wird empfohlen, die Aussage „Radfahrer frei – Fußgänger Vorrang“ als Zusatzzeichen auf entsprechenden Gehwegen zu verwenden.
Aber auch die Regelung „Gehweg“ mit Zeichen 239 StVO und Zusatzzeichen „Radfahrer frei – Fußgänger Vorrang“ muss in der Verwaltungsvorschrift und in den Regelwerken als Ausnahme deklariert und klar eingegrenzt sein, was bisher nicht der Fall ist. Darüber hinaus wird empfohlen, diese Regelung nur auf Probe einzurichten. Sind Konflikthäufungen oder Verdrängen des Fußverkehrs festzustellen, muss das Zusatzzeichen entfernt werden.
1.7. Getrennte Rad- und Gehwege müssen zweifelsfrei gestaltet werden.
Die Anordnung eines „getrennten Rad- und Gehweges“ (Zeichen 241 StVO) „kommt nur in Betracht, wenn die Belange der Fußgänger ausreichend berücksichtigt sind und die Zuordnung der Verkehrsflächen zweifelsfrei erfolgen kann.“ (VwV 1.I. zu Zeichen 241 StVO). Die Regelung beinhaltet die Radwegebenutzungspflicht (VwV, §2, Abs. 4, Satz 2). Deshalb müssen hier, auch wenn das derzeit in den Regelwerken nicht näher ausgeführt wird, die Grundmaße für die Verkehrsräume eingehalten werden, d.h. bei weniger als ca. 4,35 Meter vorhandener Gesamtbreite sind die Verkehrsräume nicht richtliniengemäß unterzubringen und bei einer Breite unter 3,50 Metern darf auch nach der Verwaltungsvorschrift kein getrennter Rad- und Gehweg eingerichtet werden (vgl. 1.4 / Radwege auf Gehwegniveau).
Nach Auffassung des FUSS e.V. gibt es in städtischen Straßen kaum Einsatzgebiete für getrennte Rad- und Gehwege. Wird ein getrennter Rad-/Gehweg angelegt, so ist zumindest darauf zu achten, dass ein für Blinde tastbarer und für Sehbehinderte ausreichend kontraststarker Begrenzungsstreifen zwischen beiden Wegeteilen eingebaut wird (z. B. aus Kleinpflaster), um zu vermeiden, dass diese Menschen unbeabsichtigt auf den Radweg geraten.
1.8 Das Abstellen von Fahrrädern muss fußverkehrsgerechter ermöglicht werden.
In der Straßenverkehrs-Ordnung ist vorgeschrieben, dass Fahrzeuge „platzsparend" auf dem „rechten Seitenstreifen" bzw. am Fahrbahnrand parken müssen. Allerdings ist das Parken auf Flächen der Fahrbahn verboten, die für den Fußverkehr und die Sicherheit relevant sind, z.B. neben Haltestellen oder vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen zur Gewährleistung der notwendigen Sichtbeziehungen (StVO § 12). Diese Regeln gelten sinngemäß auch für Fahrräder; Gerichte haben wiederholt klargestellt, dass ein behinderndes oder belästigendes Fahrradparken auch das Entfernen des Rades gerechtfertigt (z.B. OVG Lüneburg, 11 LA 172/08).
Zu beachten ist, dass am Fahrbahnrand abgestellte Fahrräder z.B. durch Umfallen oder durch eine ungünstige Aufstellung eine Gefährdung bei der Querung der Fahrbahn darstellen können. Bei Dunkelheit dürfen Fahrräder generell nur auf Fahrbahnen abgestellt werden, wenn die Straße ununterbrochen beleuchtet ist, denn kein Fahrrad hat ein Standlicht, welches zum Betrieb über die gesamte Nacht geeignet ist (§17 Abs. 4 StVO). Wegen dieser Regelung wird allgemein davon ausgegangen, dass Räder auf Gehwegen abzustellen sind. Auch in der Rechtssprechung gilt es als „zulässiger Gemeingebrauch“. Durch die erfreuliche Zunahme des Radverkehrs, der damit nicht Schritt haltenden Einrichtung von Abstellanlagen, aber auch teilweise durch eine einreißende Bedenkenlosigkeit bei Radlern, kommt es an Publikumsschwerpunkten punktuell zu für Fußgänger nicht akzeptablen Zuständen. Da Gehwege auch von Mobilitätsbehinderten genutzt werden, ist das legale oder illegale Abstellen von Fahrrädern ein äußerst sensibles Thema. Selbst an der Hauswand abgestellte Fahrräder, die eventuell die meisten Fußgänger nicht stören, können für Sehbehinderte eine erhebliche Gefährdung darstellen.
Es ist vorwiegend die Aufgabe der Kommunen, Abstellflächen für Fahrräder zu schaffen, die nicht den Fußverkehr auf Gehwegen, an Fahrbahn-Querungsstellen und Haltestellenzugängen, sowie wartende Fußgänger behindern, sondern idealerweise sogar die Fußwegeführung unterstützen.
Dafür müssen in verdichteten Wohngebieten in regelmäßigen Abständen Parkstreifen am Fahrbahnrand auch für Fahrräder (und Motorräder) reserviert werden. An Stelle eines Autos können sechs bis acht Fahrräder parken. Kommunal- und ÖPNV-Planung (Nahverkehrspläne) sind gefordert, die teilweise an Bahnhöfen vorhandenen guten „Bike & Ride“-Lösungen auch an Busbahnhöfen, sonstigen Bus- sowie Straßenbahnhaltestellen zu verwirklichen und dafür zu sorgen, dass die von Fußgängern bevorzugten Verbindungswege freigehalten werden. Insbesondere in Gebieten mit hohem Radverkehrsaufkommen und an Verkehrsmagneten wie Bahnhöfen, U- und S-Bahnhaltestellen, Bildungs-, Kultur- und Gesundheitseinrichtungen, Verwaltungs- und Betriebs- und Einkaufszentren u.ä. sollten Kommunen für ausreichende in den öffentlichen Raum gut integrierte Fahrradabstellplätze sorgen. Dazu ist eine fachlich fundierte, bedarfsgerechte Stellplatzplanung für Radverkehr angezeigt.
2. Zielgruppenorientierte Handlungsstrategie
Im Denken von Politikern, Planern, Polizei sowie Auto- und Radfahrenden müssen die Belange der Fußgänger und deren Erfahrungen verankert werden. In diesem Sinne müssen Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll mit Strategien und Maßnahmen für alle Beteiligten ersichtlich verknüpft werden.
2.1 Maßnahmen-Vorschläge für Bund, Länder und Gemeinden.
Auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene muss anerkannt werden, dass das Verdrängen des Radverkehrs in Gehweg-Räume eine Fehlentwicklung war, die korrigiert werden muss. Aus der Fußverkehrsförderung ergeben sich positive Beiträge zum Klimaschutz, zur Stadt der kurzen Wege und zu den sozialen, demografischen sowie kulturellen Anliegen der Politik.
Nach Aussage des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zählt der Umweltverbund aus nicht motorisierten Verkehrsträgern und öffentlichen Verkehrsmitteln in der Legislaturperiode 2009 ff. zu den wichtigen Handlungsfeldern. Darüber hinaus gibt es eine große Übereinstimmung mit den Zielen und Handlungsstrategien im „Stadtentwicklungsbericht 2008“ der Bundesregierung. In diesem wird auf bisher nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten des Verkehrsordnungs-, Unfallhaftungsrechts-, der effizienten Flächennutzung, der Verkehrstechnik und der Öffentlichkeitsarbeit hingewiesen. Vergleichbare Aussagen befinden sich in der Regel auch in den Verkehrskonzepten der Länder und der Kommunen, so dass folgende Initiativen auf den genannten politischen Ebenen durch diese begründbar sind:
Bund
Die bisher geringfügigen Beachtung des Fußverkehrs auf Bundesebene bei einem derzeitigen Anteil von ca. 24% aller Wege macht einen „Masterplan Fußverkehr“ bzw. „Nationalen Fußverkehrsplan“ notwendig. Darüber hinaus muss das Konzept eines weitestgehend getrennten Wegeangebotes für den Fuß- und den Radverkehr in Städten und Dörfern an zentraler Stelle aufgenommen werden im „Masterplan Personenverkehr“ (vom Bundesverkehrsministerium Mitte 2009 angekündigt) oder in einem Konzept in Anlehnung an den „Aktionsplan urbane Mobilität“ der EU, sowie in der Fortschreibung des „Nationalen Radverkehrsplans“.
Länder und Kommunen müssen durch geeignete Finanzmittelzuweisungen in die Lage versetzt werden, entsprechende Maßnahmen systematisch zu ergreifen. Sie sollten aber nur dann unterstützt werden, wenn die geltenden Planungsgrundlagen eingehalten werden. Der Bund sollte auch Maßnahmen - zumindest solche mit Modellcharakter - für den ruhenden Radverkehr unterstützen.
Zur Sicherung des Radverkehrs auf den Fahrbahnen muss die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h mit Ausnahmeregelungen in Städten und Gemeinden eingeführt und die Benutzungspflicht für Radwege auf Gehwegniveau grundsätzlich aufgehoben werden. In die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) müssen die Ausschlusskriterien und die Mindestbreitenangaben zumindest für „beengte Verhältnisse“ aus den Planungsgrundlagen für gemeinsame und getrennte Geh- und Radwege aufgenommen werden. Das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ sollte ergänzt werden mit „Fußgänger-Vorrang“, wobei auch diese Ausnahmeregelung durch Einsatzkriterien eingegrenzt werden muss.
Ergänzend sollte der Einsatz von Zeichen zur Geschwindigkeitssenkung auf 20 und 40 km/h an engen, gefährlichen oder randnutzungsintensiven Innerortsabschnitten von Bundes-, Landes-/Staats- und Kreisstraßen zum Zwecke der Rad- und Fußverkehrsförderung ermöglicht werden (Z. 274, Z. 274.1, Z. 352.1 bzw. stattdessen „Begegnungszone“).
Darüber hinaus ist die Umsetzung der unter 1.2 bis 1.6 genannten Optimierungsvorschläge zur VwV-StVO und StVO sowie eine bundesrechtliche Klarstellung zum Fahrradparken in Straßenräumen geboten.
Länder
Die Bundesländer sollen die Möglichkeiten nutzen, durch Einführungserlasse zu den technischen Planungsgrundlagen oder entsprechende Ausführungsvorschriften die kommunalen Spielräume für fuß- und radverkehrsgerechte Maßnahmen zu erweitern.
Durch Initiativen im Bund-Länder-Fachausschuss und im Bundesrat sollte versucht werden, die Rechte der Fußgänger auf ihren Verkehrsflächen zu stärken. Darüber hinaus sollten die Länder regionale oder kommunale Modellvorhaben und Öffentlichkeitsarbeit zur Imagestärkung des Fußverkehrs unterstützen, sowie erfolgreiche lokale Maßnahmen als Best-practice-Beispiele zur Förderung des Fußverkehrs sammeln, öffentlichkeitswirksam aufbereiten und verbreiten.
Kommunen
Politik und Verwaltungen in Städten und Gemeinden tragen die Hauptlast des Paradigmenwechsels. Als Zuständige vor Ort sind sie maßgebliche Gestalter und zugleich Prellbock für die Unzufriedenheit der Verkehrsteilnehmer/innen. Da sie auf zielgerichtete Rahmensetzung durch Bund und Länder angewiesen sind, sollten sie im Sinne verbesserter Planungsgrundlagen, Rechtsvorschriften und Finanzierungsmodalitäten über die kommunalen Spitzenverbände aktiv Einfluss nehmen und Unterstützungen durch Bund und Länder einfordern.
Der Fußverkehr bedarf innerorts kontinuierlich einer eigenen differenzierten Analyse und Planung, sollte also bei Verkehrsplanungen, Gutachten und Verkehrsentwicklungskonzepten zunächst als eigenständige Verkehrsart betrachtet und erst in einem zweiten Schritt in Vernetzung mit den anderen Verkehrsarten behandelt werden. Dabei müssen Fußverkehrszählungen, Unfalldaten und qualitative Analysen ortsgenau in Gutachten und Planungen ein realitätsnahes Gewicht erhalten. Für diese Ansprüche sind eine regelmäßige Mitarbeiterschulung im Sinne einer fußgängerfreundlicheren Kommune und die Zusammenlegung der Zuständigkeit für Fußverkehrsbelange in einer Verwaltungsstelle wesentliche Voraussetzungen.
Zur Sicherung des Radfahrens auf Fahrbahnen ist bis zur Verkehrszeichen sparenden allgemeinen Einführung von Tempo 30 innerhalb geschlossener Ortschaften (§3(3)1. StVO) erforderlich: Anordnung dieser oder einer geringeren zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder von Radfahr-/ Schutzstreifen (Standardlösung an gefährlichen Straßenabschnitten). Bestehende Verkehrszeichenanordnungen zur Verlegung von Radverkehr in Gehweg-Räume, gemeinsame und getrennte Rad- und Gehwege sind zu überprüfen und nach Möglichkeit zu entfernen. Für den ruhenden Verkehr ist die Planung und Einrichtung von Fahrradabstellanlagen allgemein in Stadtstraßen mit hoher Bebauungsdichte und besonders an Bedarfsschwerpunkten notwendig.
Darüber hinaus sollten die Kommunen alle Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit nutzen, um Autofahrern und Autofahrerinnen zu erklären, dass und warum Radverkehr ebenfalls auf die Fahrbahn gehört. Radfahrer/innen sollte verdeutlicht werden, warum das Fahren auf Fußverkehrsflächen nicht erlaubt ist und dass Radfahrende auf Gehwegen nicht an der Vorfahrt teilnehmen, gefährdet sind und im Schadensfall (Teil)Schuld zugesprochen bekommen. Bei dieser Aufklärung sollten die Kommunen Interessenvertreter der anzusprechenden Zielgruppen und die der Fußgänger mit einbeziehen. Hilfreich dafür sind Modellvorhaben und Initiativen, die praktisch zeigen, wie das Verkehrsklima zwischen Fußgängern und Radfahrern verbessert werden kann. Im übrigen ist die Umsetzung der unter 1.2 bis 1.8 genannten Maßnahmen-Vorschläge geboten.
2.2 Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit für Auto- und Radfahrende.
Autofahrende
Ziel muss es sein, die weit verbreitete Ansicht von Autofahrer/innen zu ändern, dass Radfahrende auf der Fahrbahn nichts zu suchen haben und die Gehwege benutzen sollen.
Fahrschulen und Fahr-Prüfungen müssen deutlich ins Bewusstsein der zukünftigen Kraftfahrer/ innen bringen, dass Fahrzeugverkehr auf die Fahrbahnen gehört, und dass der Fahrradverkehr dort somit zu Recht Platz beansprucht, wenn keine ausreichend geeigneten Pflicht-Radwege (z.B. Zeichen 237 StVO) angeordnet sind.
Autofahrer/innen können häufig nicht erkennen, ob in der Straße außerhalb der Fahrbahn Radwege vorhanden bzw. benutzbar sind und die Benutzung den Radfahrenden lediglich freigestellt ist (Zusatzzeichen „Radfahrer frei“). Deshalb sollten sie grundsätzlich ihr Verkehrsverhalten darauf einstellen, mit Radlern auf der Fahrbahn zu rechnen und diese zu akzeptieren.
Der Einsatz von Schall- und Lichtzeichen oder entsprechender Gestik, das Ab- und Bedrängen von Radfahrenden, um diese darauf aufmerksam zu machen, dass sie den Fahrstreifen verlassen sollen, erfüllt oft den Straftatbestand der Verkehrsgefährdung und Nötigung (§16(1) StVO/ § 240 StGB). Sie sollten wie alle gefährlichen Verkehrsvergehen im Rahmen der Rechtsnormen geahndet werden.
Radfahrende
Ziel muss es sein, die bei Radler/innen teilweise vorhandene Konditionierung zur „selbstverständlichen" Mitnutzung von Gehwegen aufzuheben.
Laut einer Studie im Auftrag der Bundesanstalt für das Straßenwesen wissen 40% der Radfahrenden überhaupt nicht, dass sie auf Gehwegen nicht fahren dürfen (BASt-Bericht V 184, 2009). Radfahrende haben keine Fahrrad-Fahrschule absolviert und häufig auch keinen Führerschein für Kraftfahrzeuge. Bestenfalls erhielten sie Verkehrsunterricht in der Schule und lernten dort in einem Alter von unter 10 Jahren, dass sie den Gehweg benutzen müssen oder dürfen.
Deshalb muss durch Kampagnen vermittelt werden, dass die Gehwegnutzung für Jugendliche und Erwachsene verboten ist und dass es nicht nur rücksichtsvoll gegenüber Fußgänger/innen ist, wenn sie auf der Fahrbahn radeln. Sie kommen dort in der Regel zügiger voran und fahren über Kreuzungen und Einmündungen sicherer als auf schlechten Radwegführungen bzw. Gehwegen, weil sie insbesondere von den abbiegenden Autofahrenden frühzeitiger gesehen werden können. Die Information sollte durch Übungsangebote, Radlerkurse usw. mit gezieltem Fahrbahnradeln erfahrbar gemacht werden (z.B. schulische Mobilitätstrainigsprogramme für die Mittelstufe – verkehrsmittelübergreifend integriert, Volkshochschulkurse, Dorf- bzw. Stadtteilrunden, Ausflüge).
Darüber hinaus müssen Radler/innen für die Probleme sensibilisiert werden, die andere Verkehrsteilnehmer/innen durch behindernd abgestellte Fahrräder bekommen.
Durch Öffentlichkeitsarbeit von Kommunen und Medien kann vermittelt werden, dass, wie und wo rücksichtsvolles Parken von Rädern zielnah und für Fußverkehr verträglich möglich ist. Hier sind Faltblätter, Medienkampagnen und Kooperationen mit Einzelhandel, Verkehrs- und Umweltverbänden, Vereinen, Schulen, Stadtteilinitiativen und dem ÖPNV oder kleine Wettbewerbe „Vorbildliches Fahrradparken“ zu empfehlen.
2.3 Nötigenfalls Sanktionen auch für Radfahrende.
In der Sicherheitsforschung gelten nach der sogenannten „3-E-Formel“ (engineering-enforcement-education) folgende Prioritäten zur Gefährdungsverminderung:
- Bauliche und technische Maßnahmen (engineering),
- Einführung und Durchsetzung sicherheitsrelevanter Normen (enforcement) und
- Erziehung und Bildung (education).
Es ist also kein böswilliges Rufen nach Polizei und Überwachung, sondern eine Selbstverständlichkeit, dass Regeln zum Wohl der Allgemeinheit bzw. Schutz der „Schwächeren“ / besonders Verletzlichen auch durchgesetzt werden müssen. In seiner Begründung für die Veränderung des Bußgeldkataloges 2009 erläuterte das Bundesverkehrsministerium unmissverständlich: „Um zu einer effektiveren Wirkung der Durchsetzungsmaßnahmen zu gelangen, stehen zwei Ansatzpunkte zur Verfügung. Es sind dies die Intensität der Verkehrsüberwachung und die Wirksamkeit der Sanktionen, wobei letztere maßgeblich von ihrer Höhe abhängt.“
In Verbindung mit Öffentlichkeitsarbeit sollten die Polizei oder andere Ordnungskräfte zumindest an häufig benutzten Gehwegabschnitten illegale Gehwegnutzungen durch Radverkehr kontrollieren, dort Radfahrende informieren und bei Uneinsichtigkeit mit den im Bußgeldkatalog vorgesehenen Mitteln auch sanktionieren.
Der FUSS e.V. stellt hiermit seine Position zum Konfliktthema „Radfahren auf Gehwegen" in Ortschaften zur Diskussion und wünscht sich Anregungen und Bedenken. Die Situation des Radfahrens in Fußgängerzonen ist eine andere und wurde deshalb an dieser Stelle bewusst nicht mit aufgenommen. Inner- und außerörtliche Freizeitwege werden in unseren “Empfehlungen: Spazierwege und Fahrradnutzung” behandelt. Auf der Website www.geh-recht.info finden Sie weitere Informationen über verkehrsrechtliche Aspekte, aktuelle Planungsgrundlagen und Fußverkehrsanlagen, sowie eine Übersicht über alle geltenden fußverkehrsrelevanten Planungsgrundlagen.
Verfasser dieser Empfehlungen waren Reinhard Nake, Stefan Lieb und Bernd Herzog-Schlagk, in Abstimmung mit den Mitgliedern des FUSS e.V. Bundesvorstandes Manfred Bernard, Arne Blase, Roland Hasenstab, Bernd E. Jürgens-Samm, Karl-Heinz Ludewig, Norbert Paul, Sylke Petry, Arndt Schwab und Ekkehard Westphal.